Fridel Dethleffs-Edelmann
12 der wieder entdeckten Blumengemälde in Öl von 1926 bis 1952

Warum kann es spannend sein, verschollene Kunstwerke zu suchen? Auch Goldsucher wissen, dass man bei der Goldsuche viel finden kann oder aber gar nichts. Das gilt auch für Kunstwerke. Doch bei Kunstwerken geht es um mehr als beim Gold:

Gold ist und bleibt immer nur Gold – das Materielle bleibt das Allein-Wichtige. Bei Kunstwerken geht es oft um mehr. Wer Kunstwerke aufspüren will, der sucht bisher unbekannte Arbeiten, Geheimnisvolles über die Künstlerin, über ihr soziales Netzwerk, über ihre Arbeit usw. Das waren auch die Ziele unserer Suche. Überraschendes haben wir gefunden. Auch ganz Privates. Dazu hier das Neueste über die Suche. 52 Blumengemälde wollen wir entschlüsseln. Für 12 Gemälde werden unsere Ergebnisse hier veröffentlicht.

151602 Schlüsselblume mit Falter vor jungem Farn Tempera-Öl Karton 1929 25x24 cm erste Besitzerin Anina Schad, Familie Schad-Blos

Die Schlüsselblume mit dem Schmetterling hat Fridel Dethleffs-Edelmann für ihr Patenkind Anina Schad 1929 gemalt. (Information aus AK 1929, S. 21). Anina war die Tochter ihrer liebsten Freundin seit der Karlsruher Studentenzeit. Heute ist das bedeutende Portrait der Mutter ausgestellt im Museum Lenbach-Haus München . Sein Titel: „Bildnis einer Ärztin (Dr.med.Ruth Schad-Blos)“. Bei uns in der Galerie finden Sie es mit der WVZ-Nr. 151101.

Die Tochter von Dr. Ruth Schad-Blos hat bis zu ihrem Tod das Bild dagegen im Haus der Kunst gesucht. Erst durch die Veröffentlichung ihres ganzen Namens in der Todesanzeige (FAZ) wurde klar, dass es schon viele Jahre bei uns ausgestellt war im Museum Lenbach-Haus München.

Das Original des kleinen Bildes „Schlüsselblume..“ suchen wir weiter im Kreis der großen Familie Schad-Blos - bitte helfen Sie uns!

151609_Sommerblumen in Frau Weißens alter Glasvase ÖL-LW 1941 – ausgestellt im Haus der Kunst um 1941 Erster Besitzer. Rektor H, Ravensburg

Das Gemälde kann eine Auftragsarbeit aus dem Jahr 1941 sein: Die Künstlerin sollte anknüpfen an ihre frühen Blumenbilder, mit denen sie überaus erfolgreich war. Gewünscht wurde ein farbenprächtiger Strauß vor dunkelbraunem Hintergrund. Er sollte in der Vase einer Frau Weiße gemalt werden, der dann auch im Titel wiederholt wurde.

Das Gemälde wirkt sehr prunkvoll. Vom Geist der Alten Meister ist nur der Glanz zu finden, an die Neue Sachlichkeit erinnert er nicht. Aber darum ging es im 3. Reich auch gar nicht. Es sollte vor allem andere beeindrucken. Und die ausgefeilte künstlerische Arbeit von Fridel Dethleffs-Edelmann beeindruckt auch heute.

151610_Krokussträußchen in Glasvase Öl-LW 1930 38x28 cm 1. Besitzer Albert Dethleffs

Das Gemälde gehörte Fridels Schwiegervater: Albert Dethleffs. Zusammen mit seinem Bruder hatte er die - um 1830 gegründete Peitschen-Fabrik in Isny - geerbt. Nach dem 1. Weltkrieg ging der Verkauf von Peitschen zurück. Die Brüder nahmen Skistöcke neu in ihr Programm auf. Albert Dethleffs war ein zupackender Unternehmer, der die Peitschen früh nach Russland, Arabien usw. exportierte. Alle Länder bereiste er trotz der sagenhaften Schwierigkeiten selber.

Albert Dethleffs – 1947 gemalt von Adolf Martin

Sein Verhältnis zur Schwiegertochter war von Anfang an problematisch: er glaubte nicht, dass ihm die Künstlerin Fridel den notwendigen Erben für die Fabrik „schenken“ würde. Damit hatte er leider Recht; das verbesserte das Verhältnis der beiden nicht.

Überraschend ist, dass Albert Dethleffs das zarte Gemälde der 1930 gemalten Krokusse besessen hatte. Albert Dethleffs unterstützte zwar Künstler, die ihm lagen. Aber sein Stil war so nüchtern wie sein - von Adolf Martin 1947 gemaltes Portrait:

Vielleicht war das auch der Grund, warum er das zarte Gemälde seinem Hausarzt - Dr. Vogt in Isny - geschenkt hat.

151611_Sibirischer Mohn_Öl-LW_1930_59x50 cm erste Besitzerin Familie W. in Ottersweier

Wir hatten Glück - wir haben das Original mitsamt seiner Historie gefunden. Es ist seit 1930 im Besitz der Familie W. aus Ottersweier. Familie W. war dort Eigentümer eines Textilhauses, das sie später nach Bühl verlagert hat.

Damals wie heute ist es sehr selten, dass Künstler und Käufer aus dem gleichen Ort stammen. Noch seltener ist, dass die Nachbarn einen ausgeprägten Kunstgeschmack besitzen. Bilder wie der "Sibirische Mohn" wurden entweder in Karlsruhe oder Berlin gekauft - aber fast nie in kleineren Städten.

Die Familie W. konnte sich diesen kulturellen Luxus gerne leisten – war doch ihre Tante Liesel S mit Fridel eng befreundet. Inzwischen behütet die Tochter - Frau B. - das wertvolle Gemälde wie ihren Augapfel. Es wird vorsichtig restauriert und dann neu fotografiert. Die  Leuchtkraft der Farben wird dann dem Original entsprechen. Das Ergebnis können wir Ihnen seit Juli 2017 vorstellen:

Das neue Foto des restaurierten Originals finden Sie unter "Suche nach Kunstwerken" mit der WVZ-Nr 151611 neben dem alten Foto. Wir bedanken uns bei der Eigentümerin für ihre Bereitschaft zur Restaurierung!

Dankbar sind wir auch Herrn Bürgermeister J. Pfetzer aus Ottersweier. Er hat das Textilhaus W. in Bühl gefunden. Sein Vorschlag führte schnell zu den Eigentümern und ersparte uns viel Arbeit bei der sonst sehr zeitraubenden Suche.

151613_ Sumpfdotterblumen Öl-LW 1931 34x44 erster Besitzer Reichsaußenminister von Ribbentrop

1939 ausgestellt im Haus der Kunst München. 1939 dort erworben für Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop - 1939 Bestätigung des Kaufs durch von Ribbentrop. Das Dokument wurde im Archiv Dethleffs gefunden.

Wahrscheinlich ist das Gemälde von einem Händler für von Ribbentrop erworben worden. Kontakte zwischen von Ribbentrop und Fridel Dethleffs sind bisher nicht zu belegen.

Der Name des Gemäldes "Sumpfdotterblumen" passt zu dem "Verhandlungsgeschick" des Nazi-Ministers. Er hatte den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt mit Molotow für Stalin geschlossen. Danach konnte Stalin glauben: die Kriegsgefahr zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich sei gebannt. Diese Täuschung nutzt Hitler aus, um Polen mit einem Blitzkrieg zu überfallen.

Ein Foto des Gemäldes in Schwarz-weiß haben wir gefunden. Das farbige Gemälde suchen wir weiter - auch wenn es wahrscheinlich den 2. Weltkrieg nicht überlebt hat. Vielleicht findet es sich auch in einem russischen Museum. Das wäre wichtig, weil erst dann die Qualität des Werks richtig zu beurteilen wäre.

Es könnte allerdings auch symbolisch gewertet werden, dass wir von dem farbigen Gemälde heute nur ein schwarz-weißes Foto besitzen.

151614 Rosa Camelien Öl-Leinwand 1926 68 x 55 cm erster Besitzer Stadt Karlsruhe

Es gibt Gemälde, die scheinen vom Erdboden verschwunden zu sein. In Kriegsgebieten ist das verständlich. Im 2. Weltkrieg wurde keine Großstadt vom Krieg verschont.

Das Gemälde ist laut AK 1926, S. 12 vom "Badischen Staat für 350 RM" von der Künstlerin gekauft worden. Es soll danach im Vorzimmer des Oberbürgermeisters von Karlsruhe seinen Platz gefunden haben.

Die sonst sehr kritische Künstlerin beurteilt die Rosa Camelien als: "eine der besten Arbeiten auf dem Weg zur Neuen Sachlichkeit". Ausgestellt war es u.a. in Karlsruhe u. Mannheim durch den Kunstverein Badischer Künstler; in Elbefeld u. Essen waren es Ausstellungen, die von dem Karlsruher Künstler und Professor v. Volkmann, Baden-Baden organisiert worden waren.

Wir selbst erleben bei unseren Nachforschungen immer wieder viel Misstrauen. Dabei suchen wir die Gemälde nicht für uns. Wir wollen die Arbeiten "nur" in unserer Galerie Dethleffs veröffentlichen. Dazu gehören vor allem ihre besten Werke. Wie sollen Kunsthistoriker die Arbeit der Künstlerin umfassend beurteilen können, ohne die möglichst komplette Sammlung gesehen zu haben?

151615_Strauß in Florentiner-Glasvase ÖL-LW 1952 67x54 cm

Das Gemälde ist ein Glücksfall: es gehört der Kreissparkasse Ravensburg. Wir haben die Direktion in Ravensburg um ein Foto gebeten. Nach wenigen Tagen wurde es uns von der Zweigstelle in Aulendorf zugesandt - mit allen kunsthistorisch wichtigen Details. Wir danken Ravensburg und Aulendorf herzlich dafür.

Diese Zusammenarbeit erinnerte uns an die Gespräche mit Herrn Janausch,, den früheren Vorstand der Bank. Für ihn war Kunstförderung keine PR-Maßnahme, sondern eine Selbstverpflichtung für die Bank des Landkreises Ravensburg. Er selbst suchte den Kontakt zu Fridel und Ursula Dethleffs. Er kannte nicht nur die Künstlerinnen. Er kannte auch Ihre Stärken und Schwächen.

Der "Strauß in Florentiner Glasvase" stammt aus der Periode zwischen der konkreten und der abstrakten Kunst. Das Gleichgewicht zwischen der einfachen, konkreten Glasvase und den sich auflösenden Blüten entspricht der Qualität der Künstlerin.

151618 _FDE_Pfingstrosen Öl-LW 1927 erste Besitzerin Frau K Stuttgart Echterdingen

Die Besitzerin des Gemäldes hat gleichzeitig drei Ölgemälde mit Blumen erworben. Von den "Pfingstrosen" aus 1927 hat sich Fridel Dethleffs nur sehr schwer getrennt: Gemälde aus der Periode um die Neue Sachlichkeit wollte sie nach 1945 nicht mehr abgeben. Da sich aber die Sammlerin E.K. aus Stuttgart-Echterdingen gleichzeitig für 3 Blumengemälde entschieden hatte, konnte sie den Bann brechen. Zumal alle 3 Gemälde das Haus der Kunstfreundin schmücken sollten.

Weder im AK der Künstlerin noch im Ordner 4.0 "Verkaufte Werke" konnten wir Einträge finden. Unser schriftlicher Versuch, die Eigentümerin um Informationen zu bitten, wurde bisher nicht beantwortet - oft finden sich auf der Rückseite der Bilder handschriftliche Notizen der Künstlerin, die wertvoll sind. Wir werden weiter suchen.

151622 Blauer Strauß in Glasvase Öl-LW 1949 Erster Besitzer Herbert Schiff, Meißenheim (AK kein Eintrag)

Der Name Schiff – Geburtsname von der Mutter der Künstlerin – taucht bei den Gemälden zweimal auf: Hier bei dem „Blauen Strauß“ und dann bei dem „Bildnis Hermann Schiff“ WVZ 152008:

Bei einem Besuch in Meißenheim malte Fridel ihren Vetter. Zur Neuen Sachlichkeit gehörte, dass die Modelle nicht geschönt werden. So war auch auf dem Bild des Vetters klar zu sehen, dass der Junge Probleme an einem Fuß hatte- er war behindert. Mit dem Bild wollte sie ihrem Vetter eine Freude machen – sie schenkte es ihm. Bei ihrem nächsten Besuch in Meißenheim suchte sie das Bild im Haus der Verwandten.Es war nirgends zu finden. Sie fragte Ihren Vetter. Zuerst wich er den Fragen aus. Fridel gab nicht nach und erfuhr dann: Das Bild steht auf dem Speicher: Ihren Vetter störte seine Behinderung jeden Tag. Er wollte sie nicht auch noch auf seinem Bild sehen.
Fridel akzeptierte die Begründung sofort. Sie nahm das Bild mit nach Isny. Bei Ihrem nächsten Besuch in Meißenheim durfte ihr Vetter sich aus drei Bildern sein Bild aussuchen. Er wählte sich „Blauer Strauß in Glasvase“.mit der WVZ-Nr in unserer Galerie 171001.

151630 Stillleben mit Winterastern Öl-Karton 1928, 66x52 cm AK 1928 S. 20 erster Besitzer Württembergischer. Kunstverein Stuttgart

Die Suche nach richtigen Informationen zu dem Gemälde wurde schwieriger als erwartet. Da uns die hohe künstlerische Qualität bestätigt wurde, konnten wir vorerst nicht aufgeben.

Die Daten im Ordner 4.0 "Verkaufte Werke" hatten uns zunächst verwiesen auf die Stadt Karlsruhe. Diese Suche verlief jedoch ohne Erfolg.

Bei der neuerlichen Überprüfung ergab sich im AK auf der letzten Seite des Jahres 1928 der Hinweis in kleiner Schrift:

Stillleben mit Winterastern:1928 - 66,5 x 52,5 cm; Gläser, Apfel, Buch,...Krug mit Strohblümchen, auf schwarzem Grund. Dazu der Hinweis der Künstlerin: "Später überarbeitet - jetzt eine großzügige Arbeit, klar, streng. Ankauf: Bei einer späteren Ausstellung des Württenbergischen Kunstvereins Stuttgart (1935)"

Die Suche geht jetzt erneut los: Wenn die Stadt Stuttgart der Käufer war, dürfte das Ergebnis schneller zu finden sind; wenn es ein Sammler war, wird es schwieriger werden.

151638 „Löwenzahn“ oder „Blick auf die Elbe“ Öl-Karton 1935 - AK 1935, S.62 erster Besitzer Stadtbaumeister Friedrichshafen (?)

Das Stillleben entstand 1934 auf der ersten Reise der Familie Dethleffs mit ihrem Wohnauto - siehe auch unsere Ausstellung:hier in der Galerie Dethleffs: Dethleffs:1934 1. Reisebericht Wohnauto.

(In der Unterlagen der Künstlerinnen gibt es immer wieder Sprünge im Datum: hier von 1934 auf 1935 - das macht die Arbeit mühsamer. Frau Dethleffs ging darüber hinweg mit dem Satz: Künstler sind keine Historiker!)

1971 wurden in Friedrichshafen bei einer Retrospektive auch sehr frühe Arbeiten von F.Dethleffs-Edelmann ausgestellt. Dabei wurde das Bild wohl an den Stadtbaumeister der Stadt Friedrichshafen verkauft. Wo es inzwischen geblieben ist, ist noch zu klären. Wir sind für jede Hilfe dankbar.

151641 Strauß vor altem Bauernschrank Öl-Leinwand 1930 AH 1930, S. 28 erster Besitzer: Hermann Tiebert

Die Freundschaft zwischen den Familien Dethleffs und Tiebert entwickelte sich in Karlsruhe. Emmy, die Frau von Hermann T. war eine Freundin von Fridel. Als Student kam dann Hermann dazu und später in Isny Arist Dethleffs.

Gezeichnet und gemalt haben Fridel und Hermann immer wieder gemeinsam. Ihre Ausbildung an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe hat sie ihr Leben lang mit einander verbunden. Mal arbeiteten sie gemeinsam in der Natur. Mal im Haus der Tieberts in Unterried. Mal bei Dethleffs in Isny.

Die Neue Sachlichkeit war ihr künstlerischer Ausgangspunkt, den sie allerdings im Laufe ihres Lebens ganz unterschiedlich in ihre Arbeiten einbezogen haben.

Den "Strauß vor altem Bauernschrank" hat Fridel Ihrem Freund Hermann 1930 im Atelier gezeigt. Fridel hat den Kommentar von Hermann notiert: "Gefiel H. Tiebert sehr gut. Gekauft." Wir wissen noch nicht, ob der Strauß von H. Tiebert selbst gekauft wurde, aber das wird sich mit der Fam. Tiebert klären lassen. Das Jahr 1930 zeigt jedoch, dass dieser übervolle Stil der Blumenbilder schon vor der Nazi-Zeit 1933 voll im "Großdeutschen Herz" angekommen war.

PS: In den Texten wird immer wieder auf den Arbeitskalender (=AK) von Fridel Dethleffs-Edelmann verwiesen. Er ist das künstlerische Privatissimum der Künstlerin. Deshalb dürfen wir daraus auch nur sehr vorsichtig zitieren. Veröffentlicht werden kann er erst ab dem 100. Todestag der Künstlerin.