Überraschung - Für Kinder: Aquarelle von 1923 – 1925
Unglücklich
Wer ihre Tierbilder für Kinder betrachtete, war meist überrascht: was bewog F. Dethleffs-Edelmann zum Malen von Tieraquarellen für Kinder. Das Thema schien nicht zu ihren anderen Bildern zu passen - zu ihren Gemälden mit Blumen, Porträts und Landschaften? War es die Geburt ihrer Tochter Ursula im Jahr 1933? Das konnte nicht stimmen - die Kinderbilder sind schon 1923 von ihr gemalt worden.
Erst vor kurzem fand ich die Lösung in einem ihrer Tagebücher von 1923. Das kleine Tagebuch (nur 16 x 11 cm) hatte sie bei Ihrer Reise nach Norddeutschland begleitet- nach Borkum, Harpstadt usw.
Leider ist auch dieses Tagebuch - wie alle anderen - kaum zu entziffern. Ich war froh, dass ich mir auf der Seite 40 so nach und nach einige Worte zusammenreimen konnte. Nach dem letzten Satz war alles klar:
"Glücklich ist, wer vergißt, was einmal nicht zu ändern ist!" Die See war an dem ganzen Tag sehr herrlich. Ich skizziere wieder ein wenig - aber daran will ich nicht denken, wenn ich die gute Stimmung behalten will. Jetzt weiß ich, daß ich nie mehr etwas malen kann. Ich werde einen anderen Weg einschlagen - vielleicht Kinderbilderbücher malen o. ähnliches..."
Die Lösung des Rätsels war die Verzweiflung der Künstlerin über ihre Malkunst. Sie hatte schon als Mädchen nur ein Ziel: sie wollte Malerin werden. Eine Lehrerin hatte aber festgestellt: Dazu bist Du nicht begabt genug. Diese Kritik hatte sich in ihrem Bewusstsein eingebrannt. Ihr Selbstbewusstsein war gestört. Sie war deshalb zeit ihres Lebens ihre härteste Kritikerin. Nicht zuletzt deshalb, sind ihre Werke so wertvoll geworden. Glücklicherweise hat sie auch die Depression von 1923 überwunden und immer wieder aufs Neue gemalt.
Die Fotos zeigen einige Seiten des Kalenders mit Aquarellen und ihren Notizen, die sie nur für sich selbst niedergeschrieben hat. Da sie so schwer zu lesen sind, werden ihre Geheimnisse verborgen bleiben.
Überraschung - Für Kinder: Aquarelle von 1923 – 1925
Fridel Dethleffs-Edelmann, deren wertvolle Gemälde mit Blumen, Porträts und Landschaften bekannt sind, überrascht mit Aquarellen für ein vor 90 Jahren geplantes Kinderbuch:
Mit dem Nikolas als Titel und 12 Tieraquarellen; dazu 6 weiteren Skizzen mit Kinderbildern.
Alle Aquarelle hat die erst 23-jährige Fridel Edelmann zwischen 1923 und 1925 gemalt.
Die junge Künstlerin studierte damals an der Landeskunstschule in Karlsruhe. Die Aquarelle entsprechen zwei unterschiedlichen Stilarten. Fridel Edelmann ist von zwei Professoren, Ernst Würtenberger und Hermann Gehri, inspiriert worden.
Prof. Ernst Würtenberger war ihr wichtigster Lehrer. Er hat Fridel Edelmann 1925 als seine "Meisterschülerin" berufen. Bei Würtenberger hatte sie sich in die Kunstgattung - Grafik - eingearbeitet. Er hatte Fridel Edelmann bei ihren Aquarellen für das geplante "Kinderbuch" mit Tiergeschichten begleitet. Entstanden sind dafür 13 plakative Aquarelle; fast alle sind monogrammiert mit "FE".
Ebenfalls in das Kinderbuch mit aufgenommen werden sollte das Aquarell "Nikolaus". Er passt zum Thema Kinderbuch und sollte das Titelbild für das Geschenkbuch zum Weihnachtsfest werden. Leider ist unbekannt, ob das geplante Buch auch tatsächlich erschienen ist. In den Suchmaschinen konnte es bisher nicht gefunden werden.
Professor Hermann Gehri war der nächst wichtige Lehrer von Fridel Edelmann. Bei ihm hatte sie die Kunstgattung - Malerei mit Figurenzeichnen - belegt.. Das Ergebnis seiner Anregungen waren ebenfalls Aquarelle, aber der Schwerpunkt war nicht plakative Grafik, sondern das naturalistisches Zeichnen von Kindern und Erwachsenen. Die Aquarelle verzichteten ganz auf den Hintergrund, der bei ihren späteren Werken sehr wichtig wurde. Die Gesichter sind in der Regel nur mit Bleistift angedeutet:
Diese flüssig gemalten Aquarelle sind typisch für Fridel Edelmann und für ihre Ausbildung an der Landeskunstschule Karlsruhe. Während jedoch sehr viele Künstler nach dem Weltkrieg I zudem die Sozialkritik mit ihrer Kunst verbanden, findet sich bei der Künstlerin diese Sozialkritik nur bei dem letzten dieser Aquarelle:
Ein allein gelassenes Mädchen, dessen Haare zerzaust sind, dessen Kleid alt und zerrissen ist - barfuß in einem Steinbruch auf der kalten Steinplatte sitzend; die kleine Schwester umarmt sie auf ihrem Schoß.
Dieser Abstand von sozialen Missständen entspricht ihren Lebensumständen: Fridel Edelmann hatte selbst - dank der rührenden Fürsorge ihrer Eltern - keine großen Entbehrungen während des 1. Weltkriegs und in der Nachkriegszeit erlitten. Nur der Hunger war immer wieder mal schlimm, doch meistens überbrückten ihre Eltern ihre Not mit per Post versandten Kartoffel-Körben usw. Fridel Dethleffs-Edelmann war zeitlebens eingebunden in die sie schützenden Familien. Zudem lebte sie nur während des Studiums in der Großstadt Karlsruhe, sonst in Kleinstädten oder Dörfern; die sozialen Missstände waren in der Nachbarschaft kleiner Gemeinden viel geringer.
Bernd Riedle Oktober 2016
(Quellen: Arbeitstagebuch von F. Dethleffs-Edelmann: Jahre 1923 bis 1925)