Ursula Dethleffs
Himmlisches: Kostbare Keramik 1944 - 1956

1944

Ursula Dethleffs war elf Jahre alt. Damals bemalte sie ihre erste Keramik-Schale mit dem Titel „Geburt der Venus“. Der Titel stammte nicht von U rsula, sondern von ihrer Mutter, der Malerin Fridel Dethleffs-Edelmann.
Die Mutter war Ursulas wichtigste Lehrerin: Von ihr lernte Ursula fast alles: so auch in frühester Jugend das Zeichnen nach der Natur. Immer wieder streifte die Mutter mit ihrer Tochter durch das Allgäu; immer wieder besuchten sie Ausstellungen, Kirchen und Museen. Danach verfestigten sie gemeinsam das Gesehene bei der Bewunderung von Kunstbüchern aus Mutters Bibliothek. Einmal hat ihre Mutter die Tochter auf ein Gemälde von Botticelli aufmerksam gemacht: Es trug den Titel „Geburt der Venus“. Darin lässt Botticelli seine Venus aus den beiden geöffneten Schalen einer Muschel emporsteigen. Diese Szene hat Ursula dann bei ihrer „Geburt der Venus“ übernommen.

Die Arbeit der jungen Ursula ist mit dem Gemälde des berühmten Botticelli nicht zu vergleichen. Außergewöhnlich ist es trotzdem für die junge Künstlerin:
Denn Ursula übersetzte das große Thema in das ganz andere Format der kleinen Keramik-Schale. Sie hat eben nicht kopiert, sondern ihre Keramik-Schale mit der ihr eigenen Venus geschmückt:

Geburt der Venus, 1944, WVZ 261019

1945

Die nächste Keramik-Schale von Ursula ist ein Jahr später entstanden: 1945 war der unselige Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen. Damals war die Dankbarkeit der Überlebenden groß und der christliche Glaube wichtig. So auch bei der Familie Dethleffs, die zusammen mit der Mutter von Fridel Dethleffs-Edelmann in ihrer „Villa“ in Isny wohnte (bis es von der Französischen Armee beschlagnahmt worden war).
Die Geschichten der Bibel waren neben den Kunstbüchern die wichtigsten Quellen der jungen Ursula. Bei den Künstlern des Mittelalters stand Maria als Madonna oft im Mittelpunkt ihrer Gemälde. Deshalb hat auch die – eigentlich evangelische – Ursula Dethleffs die Mutter Gottes wie eine Katholikin verehrt.
Für ihre „Maria im Rosengarten“ hatte Ursula zusammen mit Ihrer Mutter in der Kunstgeschichte viele Gemälde als Anregung gefunden.

Maria im Rosenhag, 1945 WVZ .261009

Ursulas Malerei war noch sehr kindlich. Sie hatte aber auch hier das Thema in die Rundung der Keramik-Schale eingebettet. Auch hier hat Ursula eben nicht nur abgemalt, sondern das Thema in die neue Technik übersetzt.

1949

Ursula war 16 Jahre alt geworden. In diesem Jahr sind die wichtigsten Keramik-Schalen von Ursula Dethleffs entstanden. Allein in der Sammlung Dethleffs sind acht Keramik-Schalen dieses Jahres von ihr ausgestellt.

Zwei dieser Arbeiten waren auch 1949 aufgenommen worden in die Ausstellung „Christliche Kunst der Gegenwart“: in Ravensburg und Freiburg.

Jungfrau Maria mit ihren Gespielinnen, 1949, WVZ 261023
in den Ausstellungen „Christliche Kunst der Gegenwart“
Szenen aus dem Leben Jesu, 1949, WVZ 261026
in den Ausstellungen „Christliche Kunst der Gegenwart“

Trotz dieser Auszeichnung sollte nicht übersehen werden, dass die elf Arbeiten von 1949 immer noch von der damals 16 jährigen Ursula Dethleffs stammen:

Die Einzigartigkeit dieser Keramik-Schalen - mit ihren Zeichnungen, mit ihrem Bildaufbau und bei der Beherrschung der Technik - ist so groß, dass es heute fast unglaublich zu sein scheint. Umso erstaunlicher ist, dass bei allen Arbeiten die ureigene Handschrift von Ursula Dethleffs eindeutig zu erkennen ist.

Natürlich war Ursulas Mutter an der Entwicklung beteiligt wie auch der befreundete Töpfermeiste Fritz Blaicher aus Isny. Aber das ändert nichts daran: es sind die kostbaren Keramik-Schalen der Ursula Dethleffs.

Oben haben wir die zwei ausgestellten Keramik-Schalen gezeigt, unten stellen wir zunächst die sechs weiteren Arbeiten von 1949 vor:

Versuchung von Adam u. Eva, 1949,
um 1949, WVZ 261002
Adam u. Eva am Baum der Erkenntnis,
1949, WVZ 261018
Anbetung von Maria und Jesus mit Engeln, 1949, WVZ 261017
Maria mit Jesus im Kreis der Engel, 1949 WVZ 261024
Der Heilige Franziskus mit den Zeugen
Der Wahrheit, 1949, WVZ 261022
Marienzyklus, 1949, WVZ 261025

1950

Ursula hatte bisher ihren eigenen Stil ständig weiter verfeinert. Diese Periode war für sie 1949 abgeschlossen. Jetzt suchte sie eine neue Möglichkeit ihres künstlerischen Ausdrucks.

Sollte sie sich von den bisher sehr fein gezeichneten Bildern ihrer Keramik-Schalen lösen? Sollte sie ganz darauf verzichten und sich stattdessen mit der reinen Ornament-Malerei auseinandersetzen? Das Ergebnis dieser Überlegung war diese einzige Keramik-Schale:

Ornamental, 1950, WVZ 261006

Das Ergebnis war faszinierend. Aber es war zu weit entfernt von ihrem künstlerischen Konzept. Zudem war der Arbeitsaufwand sehr hoch, das künstlerische Ergebnis war für Ursula zu technisch und dafür viel zu gering.

1953 - 1956

Die zweite Alternative passte viel besser zu ihrer weiteren Entwicklung:
Sie löste sich von allen fein detaillierten Zeichnungen des jungen Mädchens, von den grafischen Elementen ohne Aussagekraft. Sie malte konkret und übertrug ihre Expressionen frei auf ihre Keramik-Schalen:

Drei Mädchen, um 1953, WVZ 261036
Sitzender weiblicher Akt, um 1956, WVZ 261030

Die letzten, uns bekannten vier Keramik-Schalen von Ursula Dethleffs entstanden im Jahr 1956. Aus den folgenden Jahren sind viele andere Werke in vielen anderen Techniken der Künstlerin hier in der Homepage ausgestellt - (siehe oben Home: Ursula Dethleffs/Ausstellung nach Perioden).

Wer die enge Verbindung von Fridel Dethleffs-Edelmann zu ihrer Tochter Ursula versteht, glaubt oft, die Kunstwerke der beiden müssten gleich sein. In Wirklichkeit sind sie grundverschieden. Das beweist ein Link auf die beiden kurzen Kapitel dieser Homepage:

Fridel Dethleffs-Edelmann: Kostbarkeiten

und

Ursula Dethleffs: Kostbarkeiten

Bernd Riedle (Cousin von Ursula Dethleffs)
Dezember 2016